Schuld und Scham - die zwei bösen Schwestern
Als ich vor 40 Jahren mit meiner Tochter schwanger war, rauchte ich bereits rund zehn Jahre. Damals, in den Achtzigern, gab es fast nur Raucher und Raucherinnen um mich herum, im Familien- und Freundeskreis waren formschöne Aschenbecher oder schicke Feuerzeuge sehr beliebte Geschenke. Mein Mann rauchte, aus der Brusttasche des Arztkittels meines Gynäkologen sah ich eine Zigarettenschachtel blitzen. Zu diesem Facharzt komme ich später noch.
Meine Schwangerschaft kam nicht überraschend, mein Mann und ich wollten unbedingt Kinder haben, möglichst schnell und möglichst viele. Wir mussten - obwohl beide jung und gesund - fast zwei Jahre auf das erlösende positive Testergebnis warten. Ich will ganz offen sein: in diesen zwei Jahren habe ich nicht ein Mal ernsthaft versucht, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich habe sehr viel darüber nachgedacht. Den entscheidenden Schritt konnte ich nicht tun.
Als süchtiger Mensch - und als Raucherin war ich definitiv süchtig - schwindelt man sich ganz gerne in die eigene Tasche. Möchten Sie ein paar Beispiele hören? "So viel rauche ich ja gar nicht. Höchstens 5 - 10." Die hatte ich oft schon mittags durch. "Ich kann jederzeit aufhören, wenn ich will." Konnte ich nicht. "Es wird schon nichts passieren". Motto: ich mach die Augen zu, dann sieht mich keiner. "Sobald ich schwanger bin, höre ich auf, sofort". Habe ich leider nicht geschafft.
Das allerschlimmste Argument allerdings lieferte mir mein Gynäkologe (genau, der mit der Zigaretten-schachtel in der Brusttasche): er erklärte mir, dass ein Entzug für das Baby schlimmere Folgen haben würde als das Rauchen selbst. Eine Meinung, die damals noch weit verbreitet war.
Heute ist man klüger.
Es war also nach zwei Jahren endlich soweit: ich war schwanger und überglücklich. Zumindest nach außen hin. Mir war morgens übel, meine Laune machte in kürzester Zeit die seltsamsten Sprünge - und ich konnte einfach nicht aufhören zu rauchen. Schnell wurden quälende Schuldgefühle in mir wach, ich schämte mich zutiefst. Ich schwindelte mein Umfeld an, was die Zahl der gerauchten Zigaretten betraf, ich rauchte heimlich, ich versteckte mich auf der Toilette oder hinter Büschen. Natürlich hatte ich trotz der scheinbaren Beruhigung durch den Arzt dennoch Angst, mein Kind könnte Schaden nehmen. Sie kam gesund und zur rechten Zeit auf die Welt, aber das konnte ich in den Monaten zuvor nicht wissen.
Wenn Schuld und Scham zugleich auftreten, fühlt sich das wirklich übel an. Ich nenne sie die zwei bösen Schwestern, weil sie Hand in Hand gehen, sich gegenseitig verstärken und jeden Versuch, in die Lösung zu kommen, sehr schwer machen. Sie sind schwanger und Sie rauchen - Sie schämen sich und fühlen sich schuldig. Das lähmt!
Was hilft, den beiden bösen Schwestern die Kraft zu nehmen, sie zu entwaffnen und vielleicht ganz zu vertreiben? Positive, empathische Unterstützung! Jemand der versteht was Sie dazu bringt, in der Schwangerschaft zu rauchen. Jemand der Ihnen keine Vorwürfe macht, keine medizinischen Vorträge hält, sondern gemeinsam mit Ihnen Wege aus der Sucht findet. Wege, die für Sie gangbar sind in der Zeit, die Sie dafür brauchen. Egal, in welcher Schwangerschaftswoche Sie jetzt gerade sind - es lohnt sich immer! Jede einzelne Zigarette, die Sie nicht rauchen ist gut - für die Gesundheit Ihres Babys, aber auch für Ihre eigene. Für Ihre Seele, Ihren Stolz, Ihr Selbstwertgefühl.
Ein erstes Telefongespräch mit mir ist kostenlos, diskret und unverbindlich. Trauen Sie sich, ich freue mich auf Sie.
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